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25.06.25
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Arbeitswelt & Karriere

So gelingt Führen in Teilzeit

Kollegen diskutieren zusammen
© gettyimages (jacoblund)

Nicht nur Frauen, sondern auch Männer wünschen sich heute Flexibilität und Vereinbarkeit – möglichst auch als Führungskraft. Richtig umgesetzt hat Führung in Teilzeit viele Vorteile.

Sarah Köhl hat einen herausfordernden Job: Als Head of Technology bei Hays berichtet sie direkt an den Vorstand, führt 40 Mitarbeitende und trägt Verantwortung für den Auf- und Ausbau neuer Geschäftsfelder sowie viele standort- und bereichsübergreifende Projekte. Auch privat ist die zweifache Mutter stark gefordert, zumal mehrere Pflegefälle die familiären Rahmenbedingungen verändert haben. Ihre Karriere und den Führungsposten, für den sie brennt, deshalb aufgeben? Für Köhl keine Option. Stattdessen hat sie mit ihrem Arbeitgeber eine Lösung gefunden: Seit einem Jahr führt sie in Teilzeit, um Beruf und Familie besser zu vereinbaren.

Teilzeit für Führungskräfte: machbar, aber selten

Ein logischer, wenn auch kein alltäglicher Schritt: Laut einer Studie des IW Köln arbeiten nur rund 13 Prozent der deutschen Führungskräfte in Teilzeit, obwohl insgesamt fast 30 Prozent aller Erwerbstätigen Teilzeit-Modelle nutzen. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Rund ein Viertel der weiblichen Führungskräfte arbeitet in Teilzeit, während 95 Prozent der Männer weiterhin Vollzeit führen. „Führung in Teilzeit ist bislang ein Randphänomen“, sagt Andrea Hammermann, Studienautorin des IW Köln. Immerhin schneiden kleine Betriebe und Branchen mit hohem Frauenanteil wie Gesundheit, Soziales oder Erziehung besser ab als Großunternehmen oder traditionell männlich geprägte Branchen.

Teilzeit fördert Frauen in Führung

Dabei gibt es viele Gründe, Führen in Teilzeit stärker zu fördern. Denn es erleichtert die Vereinbarkeit von Karriere und Familie und entspricht dem Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten – ein Thema, das zunehmend auch Männer bewegt. Teilzeit in Führungspositionen kann nicht nur mehr Frauen in leitende Rollen bringen, sondern auch die Vielfalt im Unternehmen stärken. Richtig umgesetzt, binden solche Modelle Mitarbeitende, schaffen Entlastung für Führungskräfte und steigern die Arbeitgeberattraktivität. Unternehmen, die Teilzeit-Führung ermöglichen, zeigen, dass Karriere nicht an eine 50-Stunden-Woche gebunden sein muss – ein klarer Vorteil im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte.

Sarah Köhl Führen in Teilzeit erfordert Vertrauen ins Team und die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen, ist Sarah Köhl, Head of Technology bei Hays, überzeugt. © PicturePeople Ruhrpark

 

Teilzeit-Führung umsetzen: Individuelle Lösungen statt Standardprogramme

Sandra Richter, Personalvorständin von Hansgrohe, sieht das genauso: „Wir wollen Führungstalente fördern und binden, auch wenn sie keine Vollzeitposition ausfüllen können oder wollen.“ Der Armaturenhersteller bietet seit zehn Jahren Teilzeit- und Job-Sharing-Modelle für Führungskräfte an. Diese erfordern jedoch Flexibilität und Kreativität von allen Beteiligten. „Es gibt keine Lösung von der Stange“, betont Richter. Jede Führungskraft hat ihre eigene Lebenssituation, jedes Team seine besonderen Anforderungen. Entscheidend sei der Wille, gemeinsam maßgeschneiderte Lösungen zu finden.

Flexibilität ja, Multitasking nein

Bereits vermeintlich kleine Schritte können positive Wirkung entfalten. Die Mehrheit der Führungskräfte in Teilzeit arbeitet laut IW-Studie mindestens 28 Stunden, also vollzeitnah. Sarah Köhl hat ihr vertragliches Arbeitsvolumen auf 34 Stunden pro Woche reduziert. Rund 60 Prozent ihrer Arbeitszeit verbringt sie im Büro oder auf Reisen, den Rest im Homeoffice. Im Vergleich zu ihrem vorigen Arbeitspensum bringt ihr das bereits eine signifikante Entlastung. Doch gelingt es ihr, die Balance zu halten, wenn während der Hausaufgaben der CEO anruft oder ein kurzfristiges Meeting anberaumt, wenn die Kinder zum Handballtraining müssen? „Auf dieser Flughöhe geht es nicht ohne eine gewisse Flexibilität“, sagt die Hays-Managerin. Es sei jedoch wichtig, sich zu fokussieren: „Wenn ich remote arbeite, blocke ich mir feste Zeiten für meine Kinder und rufe meinen Chef dann eben später zurück oder arbeite abends länger, wenn es wichtig ist“, erklärt sie. Ergebnisorientierung findet sie wichtiger als stete Verfügbarkeit: „Hektisches Multitasking bringt selten gute Ergebnisse“, so die erfahrene Führungskraft.

Teilzeit-Führung als Chance für das Team

Laut IW-Studie sind sich Personalverantwortliche darin einig, dass Führen in Teilzeit mündige und motivierte Mitarbeitende voraussetzt. Das erfordert von Führungskräften Vertrauen ins Team und die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen: „Man ist als Führungskraft nicht wirksam, indem man alles kontrolliert, sondern indem man Mitarbeitende machen lässt“, sagt Sarah Köhl. Ein Grundsatz, den Thorben Weide teilt. Seit der Rückkehr aus der Elternzeit im Januar 2022 arbeitet der Vater von Zwillingen Teilzeit bei der Werbeagentur DDB. Inzwischen führt er als Managing Partner den Standort Berlin mit circa 80 Mitarbeitenden. Führen in Teilzeit bedeutet für ihn, seine Aufgaben richtig zu priorisieren: Welche To Dos sind Teil meiner Funktion als Führungskraft, welche kann ich abgeben, auch wenn sie mir Spaß machen? Und was muss ich zuerst erledigen, damit das Team auch ohne mich weiterarbeiten kann?

Thorben Weide Führen in Teilzeit bedeutet für Thorben Weide, Managing Partner bei der Werbeagentur DDB Germany, Aufgaben richtig zu priorisieren. © DDB Germany

Mit guter Organisation werden Teilzeit-Modelle zur Win-Win-Situation: „Für viele Kolleg:innen ist das eine Chance, mehr Verantwortung zu übernehmen und selbst zu entscheiden. Das fördert Ownership und ist für viele eine Motivation“, sagt Thorben Weide. Meetings verliefen oft effizienter und Entscheidungen würden schneller getroffen, hat er als Teilzeit-Chef festgestellt. Für Sandra Richter fördert Führen in Teilzeit zugleich die Resilienz: „Lerneffekte, wie man unvorhersehbare Situationen gemeinsam meistern kann, bringen uns alle weiter“, sagt die Personalvorständin von Hansgrohe. Hays-Managerin Sarah Köhl empfindet nicht zuletzt den Perspektivwechsel als Gewinn: „Man lernt, sich anders zu organisieren und nicht immer alles übertrieben ernst zu nehmen – sowohl als Mutter als auch als Führungskraft.“

FAQ:

Kann man als Führungskraft in Teilzeit arbeiten?

Ja, allerdings setzt Führen in Teilzeit bei allen Beteiligten ein hohes Maß an Flexibilität, Selbstorganisation, gegenseitiges Verständnis und eine enge Abstimmung im Team voraus.

Wie viele Führungskräfte arbeiten in Teilzeit?

Laut einer Studie des IW Köln aus dem Jahr 2023 arbeiten rund 13 Prozent aller Beschäftigten mit Personalverantwortung in Teilzeit. Dabei zeigt sich ein deutlicher Geschlechterunterschied. Von den weiblichen Führungskräften arbeiten 25 Prozent in Teilzeit, bei den männlichen dagegen nur 5,5 Prozent.

Wie viele Stunden muss man als Teilzeit-Führungskraft mindestens arbeiten?

Dafür gibt es keine festen Regeln, laut IW-Studie arbeitet jedoch die Mehrheit mindestens 28 Stunden. Grundsätzlich setzt eine Führungsposition Flexibilität, Ergebnisorientierung, die Bereitschaft zu Überstunden und private Erreichbarkeit in dringenden Fällen voraus.

In welchen Berufen kann man gut in Teilzeit führen?

Wie gut Führung in Teilzeit gelingt, hängt von vielen Faktoren ab. Jedes Team und jeder Unternehmensbereich haben spezifische Anforderungen, jede Führungskraft eine individuelle Lebenssituation. Das erfordert stets individuelle Lösungen. Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit als Männer, in weiblich dominierten Branchen wie Gesundheit oder Erziehung ist deshalb auch der Anteil an Teilzeit-Führungskräften größer. Auf höchster Führungsebene ist Führen in Teilzeit zudem weiterverbreitet als im mittleren Management.

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Kirstin von Elm
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