Mehr Haltung als Noten: Was man wirklich für die Ausbildung braucht

Schulnoten sind nicht alles: Wer heute eine Ausbildung beginnt, braucht vor allem Neugier, Lernbereitschaft und soziale Kompetenzen. Ausbildungsleiterin Vivienne Kettner erklärt zum diesjährigen World Youth Skills Day, welche Future Skills wirklich zählen – und wie Unternehmen junge Talente gezielt fördern können.
Eine Ausbildung oder ein duales Studium ist mehr als ein Jobstart. Sie ist das Sprungbrett in eine berufliche Zukunft, die sich schneller verändert, als jede Generation es zuvor erlebt hat. Wer heute in die Arbeitswelt einsteigt, wird im Lauf seiner Karriere regelmäßig neue Aufgaben, Technologien und Anforderungen meistern müssen.
Was man also „für die Ausbildung braucht“, lässt sich längst nicht mehr nur an Schulnoten festmachen.
Als Ausbildungsleiterin einer der größten Personaldienstleistungsunternehmen in Deutschland begleite ich jährlich viele jungen Menschen beim Berufseinstieg. Und ebenso viele Ausbildungsverantwortliche und Führungskräfte auf der Suche nach passenden Talenten. Was ich dabei immer wieder feststelle: Fehlende Bestnoten sind selten das Problem. Es sind andere Kompetenzen, die über eine erfolgreiche Ausbildung entscheiden.
Orientierungslosigkeit ist das neue Normal – und das ist okay
Sie haben die Schule erfolgreich abgeschlossen – und dennoch fühlen sich die angehenden Fachkräfte von morgen beim Start in den Job oft überfordert – nicht nur von den vielen beruflichen Möglichkeiten, unter denen sie heute wählen können, sondern auch von den unterschiedlichen Anforderungen und Erwartungen, die an sie gestellt werden. Darüber hinaus bedeutet der Eintritt in die Berufswelt häufig auch den ersten Kontakt mit einem voll durchstrukturierten Arbeitsalltag. Doch keine Sorge: Niemand muss heute schon den perfekten Plan haben. Wichtig ist nur: anfangen, ausprobieren, lernen.
Voraussetzung für eine Ausbildung ist längst nicht mehr nur der passende Schulabschluss. Und auch die Bewerbungsunterlagen sagen nicht alles.
Was Auszubildende mitbringen sollten:
- Neugier auf den Beruf
- Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit
- Freundlicher, respektvoller Umgang
- Bereitschaft, sich helfen zu lassen
- Ein Mindestmaß an Eigenverantwortung
- Lernwille
Was nicht zwingend notwendig ist:
- Ein perfekter Lebenslauf
- Topnoten in allen Fächern
- Vorerfahrung oder Praktika (schön, aber kein Muss)
- Ein geradliniger Schulverlauf
Entscheidend ist, ob jemand wachsen will. Nicht, ob er schon alles kann! Und dafür braucht es gute Begleitung. Genau hier sind wir als Ausbildungsbetriebe gefragt.
Was braucht man für eine Ausbildung heute? Die Frage klingt simpel, ist aber komplex. Neben fachlichem Interesse und Leistungsbereitschaft sind es vor allem überfachliche Kompetenzen, sogenannte Future Skills, die in der Beurteilung von Azubis zunehmend eine Rolle spielen.
Future Skills: Welche Kompetenzen entscheidend sind
Damit junge Menschen sich in der Ausbildung und später auch im Beruf behaupten können, brauchen sie Kompetenzen, die weit über das Schulwissen hinausgehen. Doch gerade diese „Future Skills“ entwickeln sich dynamisch und sind oft schwer zu greifen. Doch es gibt Kompetenzen, die immer wieder genannt werden.
Diese acht Future Skills zählen besonders:
- Selbstorganisation: Junge Menschen müssen lernen, ihren Alltag eigenverantwortlich zu strukturieren. Von Pünktlichkeit über To-do-Listen bis hin zur Lernplanung.
- Kommunikationsfähigkeit: In der hybriden Arbeitswelt ist es wichtig, sich klar, respektvoll und zielgerichtet auszudrücken. Ob im Meeting, in E-Mails oder am Telefon.
- Lernbereitschaft: Fehler zu machen, gehört zum Lernprozess. Entscheidend ist der konstruktive Umgang damit.
- Problemlösungskompetenz: Nicht bei jedem Hindernis den Kopf in den Sand stecken, sondern Schritt für Schritt überlegen wer, was, wie helfen kann.
- Digitale Kompetenz: Der Umgang mit Standardsoftware ist Grundvoraussetzung. Hinzu kommen neue Tools, KI-Anwendungen und Plattformen zur Zusammenarbeit.
- Kritik- und Reflexionsfähigkeit: Rückmeldungen annehmen und aktiv nutzen, sich selbst einschätzen.
- Resilienz: Mit Rückschlägen umgehen, ohne aufzugeben.
- Kooperationsfähigkeit: Wer gut mit anderen zusammenarbeitet, kann sich in Teamprozesse einbringen, auch standortübergreifend oder virtuell.
Future Skills lassen sich erlernen – allerdings nicht von allein
Aus Unternehmenssicht braucht es Offenheit für Vielfalt, Geduld für Entwicklungen und einen klaren Blick für das, was wirklich zählt: Lernfähigkeit, Motivation und Sozialkompetenz – Skills, die Unternehmen gezielt fördern können.
Dazu können Unternehmen folgende Impulse geben:
- Lernräume schaffen, in denen junge Menschen reflektieren und Feedback erhalten – jenseits des Tagesgeschäfts.
- Mentoring-Programme, in denen erfahrene Mitarbeitende ihre Expertise teilen und Orientierung geben.
- Selbstlernangebote, zum Beispiel digitale Lernpfade oder interaktive Formate, die Azubis flexibel nutzen können.
- Realistische Erwartungshaltungen kommunizieren: nicht überfordern, aber auch nicht unterfordern.
- Vertrauensvolle Begleitung, um auch persönliche Herausforderungen wie Selbstzweifel, Prüfungsangst oder Orientierungslosigkeit aufzufangen.
- Stärkenorientiertes Ausbilden heißt, nicht an den Schwächen verzweifeln, sondern Stärken gezielt nutzen.
Mein Tipp:
Machen wir Future Skills nicht zur versteckten Anforderung, sondern zum sichtbaren Teil der Ausbildung. Damit helfen wir den jungen Menschen und stärken langfristig das Unternehmen.
Die Verantwortung liegt auf beiden Seiten
Auszubildende bringen ihre Persönlichkeit, ihre Neugier und ihre Energie mit. Unternehmen hingegen gestalten den Rahmen. Die Beurteilung von Azubis sollte sich dabei nicht nur auf fachliche Leistungen beschränken. Sie sollte auch Soft Skills, Entwicklungsschritte und persönliche Lernfortschritte einbeziehen.
Ausbildung neu denken, gerade jetzt!
Der World Youth Skills Day ist ein Anlass zum Umdenken. Der Tag erinnert uns jedes Jahr daran, wie wichtig es ist, junge Menschen fit für die Zukunft zu machen. Es braucht Ausbildungsbetriebe, die begleiten und junge Menschen, die lernen wollen. Wenn beide Seiten aufeinander zugehen, entsteht genau das, was wir in einer dynamischen Arbeitswelt brauchen: Zukunftsfähigkeit.
FAQ – häufig gestellte Fragen zur Ausbildung
1. Was braucht man, um eine Ausbildung zu machen?
- Einen Schulabschluss (je nach Beruf unterschiedlich, häufig mittlere Reife)
- Interesse am Beruf
- Motivation und Zuverlässigkeit
2. Was sollte ein Azubi mitbringen?
- Lernbereitschaft
- Teamfähigkeit
- Freundlichkeit im Umgang
- Keine Scheu vor Rückfragen
- Neugier auf den Beruf
- Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit
- Bereitschaft, sich helfen zu lassen
- Ein Mindestmaß an Eigenverantwortung
- Lernwille
3. Welche Zeugnisse müssen eingereicht werden?
- Das letzte Schulzeugnis, ggf. Halbjahreszeugnis
- Praktikumsnachweise oder Empfehlungsschreiben (falls vorhanden)
4. Was ist die wichtigste Voraussetzung für eine Ausbildung?
- Persönliche Reife, also der Wille, sich in ein neues Umfeld einzufinden und Verantwortung zu übernehmen.
5. Wie kann ich mich auf eine Ausbildung vorbereiten?
- Berufsbilder recherchieren, Praktika machen, Bewerbungstrainings nutzen, aufgeschlossen bleiben
Weiterführende Links:
Ihr Tor zur Arbeitswelt – starten Sie eine Ausbildung bei Hays: Starte Deine Ausbildung oder duales Studium bei Hays!

