Kein bisschen (arbeits)müde? So überzeugen Babyboomer bei der Bewerbung

Sie haben mehr erlebt als jede KI, bringen ein tiefes fachliches Know-how mit und bleiben ruhig, wenn andere nervös werden. Doch statt Chancen gibt es für Seniorfachkräfte häufig Absagen – wegen unbewusster Vorurteile und alter Klischees. Lesen Sie hier, wie die Generation Babyboomer bei der Bewerbung und im Vorstellungsgespräch punktet.
53 Prozent – so hoch ist laut einer Studie des Job-Netzwerks Xing 
Warum Arbeiten nach 60? Motivation und Vorteile
Und tatsächlich, schaut man sich die Zahl der Erwerbstätigen ab einem Alter von 55 Jahren an, so steigt diese in Deutschland seit 2010 kontinuierlich an.
Zum Jahresende 2022 waren laut Angaben der Deutschen Rentenversicherung rund 1,35 Millionen Rentnerinnen und Rentner erwerbstätig. Aus guten Gründen, wie das aktuelle Hays-White-Paper „Expertise kennt kein Alter: Was bringen Seniorfachkräfte mit und was hält sie im Job“ zeigt. Auf die Frage, was sie für ein längeres Arbeitsleben motiviere, gaben Erwerbstätige ab 50 Jahren in einer repräsentativen Umfrage diese vier zentralen Aspekte an:
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Finanzielle Notwendigkeit: 69 % der 50- bis 79-Jährigen nennen finanzielle Gründe als Hauptmotivation. Besonders angesichts steigender Lebenshaltungskosten ist ein Zuverdienst zur Rente für viele ein wichtiger Beitrag zur Haushaltskasse.
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Sinnhaftigkeit: 47 % erleben Arbeit als sinnstiftend und identitätsstärkend. Sie gestalten den Übergang in den Ruhestand aktiv und können als Mentor oder Mentorin ihr Wissen weitergeben und ihren Beitrag zur Gesellschaft leisten.
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Soziale Interaktion: Für 36 % ist der soziale Austausch am Arbeitsplatz ein zentrales Motiv. Der Job schafft Kontakte und ermöglicht Teilhabe auch im Alter.
- Gesundheitliche Vorteile: Arbeit hält fit, geistig wie körperlich. Viele schätzen die Struktur und Herausforderung, die ein geregelter Arbeitsalltag mit sich bringt.
Für eine verlängerte Erwerbstätigkeit spricht also vieles – und das nicht nur aus Sicht der Arbeitnehmenden. 90 Prozent der Entscheiderinnen und Entscheider waren in einer repräsentativen Umfrage, die YouGov im Frühjahr dieses Jahres in unserem Auftrag durchgeführt hat, der Ansicht, dass Unternehmen zukünftig verstärkt auf ältere Fachkräfte setzen werden.
Ein Trend, der sich in der Gegenwart allerdings erst verhalten bemerkbar macht. Noch erleben viele Seniorexpertinnen und -experten, dass ihre Bewerbungen seltener berücksichtigt werden oder gar nicht erst zum Gespräch führen. Bewerbende über 50, so hat die Tagesschau unlängst berichtet, sind im Schnitt 100 Tage länger arbeitslos als jüngere. Umso wichtiger ist es, Vorurteilen aktiv entgegenzutreten und in Bewerbungsschreiben oder Vorstellungsgesprächen mit den richtigen Argumenten zu überzeugen. Und derer gibt es viele.
Qualifikationen nutzen: Ihre Erfahrung als Trumpf
Viele Seniorfachkräfte unterschätzen den Wert ihrer beruflichen Laufbahn. Dabei ist Erfahrung ein klarer Wettbewerbsvorteil. Wer seine Kompetenzen gezielt hervorhebt, kann im Bewerbungsprozess überzeugen.
Erfahrung und Expertise sichtbar machen
53 Prozent der Entscheiderinnen und Entscheider sehen die langjährige berufliche Erfahrung als großen Pluspunkt von Seniorexpertinnen und -experten, so ein Ergebnis unserer repräsentativen Umfrage. Deshalb sollte die eigene Berufserfahrung im Lebenslauf und Anschreiben aktiv betont werden – nicht nur als Aufzählung von Stationen, sondern als Beleg für Problemlösungskompetenz, Führungsstärke oder Fachwissen. Konkrete Beispiele aus der Praxis machen die Expertise greifbar.
Flexibilität und Lernbereitschaft zeigen
Ein häufiges Vorurteil: Ältere seien weniger anpassungsfähig. Zeigen Sie, dass Sie neue Technologien, Tools und Arbeitsweisen schnell erlernen und signalisieren Sie Bereitschaft zu Weiterbildungen, Online-Kursen oder den aktiven Austausch mit Kollegen und Kolleginnen.
Arbeitseinstellung als Pluspunkt
Loyalität, Belastbarkeit und Ausdauer werden als große Stärken der Generation Babyboomer wahrgenommen. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und hoher Fluktuation sind solche Werte unbezahlbar und sollten selbstbewusst kommuniziert werden.
Mentoring und Wissenstransfer für die nächste Generation
Mit ihrem Fachwissen, Ihrer Erfahrung und sozialen Kompetenz können Sie als Mentor oder Mentorin viel bewirken. Sie geben Orientierung, fördern den Austausch und stärken den Teamzusammenhalt.
Kommunizieren Sie klar, wenn Sie sich als Mentor einbringen möchten, im Bewerbungsgespräch, bei Entwicklungsgesprächen oder durch die Mitarbeit an Nachwuchsprojekten. Mentoring bedeutet nicht Belehrung, sondern Unterstützung, Inspiration und Weitergabe von Erfahrung.
Mit einer gezielten Wissensweitergabe stärken Sie nicht nur die nächste Generation – Sie fördern auch den Zusammenhalt im Team und tragen zur nachhaltigen Entwicklung der Organisation bei. Dabei lässt sich Wissen auf verschiedene Weise weitergeben, etwa durch Job-Shadowing, bei dem Jüngeren erfahrene Kollegen und Kolleginnen begleiten, durch das Dokumentieren von Best Practices (Checklisten und Leitfäden), aber auch durch Peer-Learning in kleinen Gruppen oder Workshops, in denen Beteiligte ihr Wissen und ihre Erfahrungen auf Augenhöhe einbringen und gegenseitig voneinander profitieren. Eine offene Feedback-Kultur fördert zusätzlich den Wissensaustausch und stärkt das Miteinander im Team.
Erfolgreich bewerben als Seniorfachkraft: Tipps und Tricks
Eine Bewerbung als Seniorfachkraft sollte selbstbewusst und zukunftsorientiert gestaltet sein. Präsentieren Sie klar, was Sie auszeichnet – und orientieren Sie sich dabei an modernen Bewerbungsstandards.
Lebenslauf und Anschreiben: klar und fokussiert
Konzentrieren Sie sich im Lebenslauf auf die letzten 10–15 Jahre. Heben Sie relevante Stationen, Erfolge und Kompetenzen hervor. Nutzen Sie ein modernes Layout und verzichten Sie auf veraltete Angaben wie Geburtsdatum oder Familienstand.
Im Anschreiben geht es darum, Ihre Motivation und Ihre Stärken überzeugend darzustellen: Ihre Erfahrung, Ihre Resilienz und Ihre Bereitschaft, zu lernen und sich aktiv einzubringen – z. B. als Mentor oder Mentorin oder mit spezifischem Fachwissen in Projekten. Aktive Formulierungen wie „Ich bringe langjährige Erfahrung in … mit“ oder „Ich freue mich darauf, mein Wissen in … einzubringen“ wirken überzeugend und klar.
Beispiel:
„Ich habe mich in den letzten Jahren intensiv mit digitalen Projektmanagement-Tools wie Trello und MS Teams vertraut gemacht und diese erfolgreich in meinen Arbeitsalltag integriert.“
Digitale Kompetenz zeigen
Online-Portale und Karriereseiten sind heute Standard. Achten Sie auf vollständige und aktuelle Profile, z. B. bei LinkedIn oder XING. Verwenden Sie gängige Dateiformate wie PDF und benennen Sie Dokumente eindeutig (z. B. „Lebenslauf_Max_Mustermann.pdf“). Bei E-Mail-Bewerbungen sollten Absenderadresse, Betreff und Text professionell und klar sein.
Tipp: Nutzen Sie unsere kostenfreie Karriereservices Bewerbungstraining kostenlos - Karriere-Service | Hays.
Vorstellungsgespräch erfolgreich meistern
Das Vorstellungsgespräch ist die beste Gelegenheit, um Ihre Persönlichkeit, Erfahrung und Motivation zu zeigen. Für Seniorfachkräfte gilt: Selbstbewusst auftreten, denn Erfahrung ist ein klarer Pluspunkt.
Stärken überzeugend präsentieren
Heben Sie Ihre Berufserfahrung, Zuverlässigkeit, Krisenfestigkeit und Problemlösungskompetenz hervor. Zeigen Sie, wie Sie das Team bereichern – etwa durch Mentoring, Prozessverbesserung oder Kundenverständnis. Formulieren Sie aktiv: „Ich habe viele Veränderungen erfolgreich begleitet – diese Erfahrung möchte ich bei Ihnen einbringen.“ Offenheit für Neues unterstreichen Sie durch Hinweise auf Weiterbildungen oder digitale Tools.
Typische Fragen souverän beantworten
- Warum möchten Sie sich in Ihrem Alter noch einmal verändern?
Antwortidee: „Ich bin motiviert, mein Wissen weiterhin sinnvoll einzusetzen und freue mich auf neue Herausforderungen in einem dynamischen Umfeld.“ - Wie gehen Sie mit neuen Technologien um?
Antwortidee: „Ich habe mich in den letzten Jahren aktiv mit digitalen Tools wie zum Beispiel x, y, z auseinandergesetzt und nutze sie selbstverständlich im Arbeitsalltag.“ - Wie lange möchten Sie noch arbeiten?
Antwortidee: „Solange ich mit Freude und Engagement einen Beitrag leisten kann und das sehe ich auch in den kommenden Jahren.“ - Wie würden Sie sich in ein jüngeres Team integrieren?
Antwortidee: „Ich schätze den Austausch zwischen Generationen sehr, ich lerne gerne von anderen und gebe mein Wissen ebenso gerne weiter.“
FAQs
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Welche Zeugnisse sollte ich als Seniorfachkraft mitschicken?
Die letzten drei Arbeitszeugnisse sind ausreichend, ergänzt um relevante Zertifikate, die Sie durch Weiterbildungen erlangt haben. So zeigen Sie, dass Sie fachlich auf dem neusten Stand sind und sich aktiv weiterentwickeln. -
Welcher Satz sollte nicht in einer Bewerbung stehen?
Verzichten Sie auf Floskeln wie „Hiermit bewerbe ich mich…“ oder generische Aussagen ohne Bezug zu Ihrer Person. Jeder Satz sollte Mehrwert bieten, besonders der erste. Starten Sie mit einer klaren Aussage zu Ihrer Motivation oder Qualifikation. Reduzieren Sie sich nicht auf Ihr Alter, sondern zeigen Sie, was Sie aus Ihrer langjährigen Erfahrung mitbringen. -
Wie gehe ich mit Vorurteilen bei einer Bewerbung als Seniorfachkraft um?
Bleiben Sie sachlich und selbstbewusst. Betonen Sie Ihre Stärken wie zum Beispiel Ihre Erfahrung, Ihre Verlässlichkeit oder Ihre soziale Kompetenz, und zeigen Sie, dass Sie offen für Neues sind. -
Wie gehe ich mit digitalen Anforderungen um, wenn ich nicht „digital aufgewachsen“ bin?
Zeigen Sie Lernbereitschaft und Offenheit. Viele digitale Tools sind intuitiv, und es gibt zahlreiche kostenlose Angebote, um sich weiterzubilden. -
Wie spreche ich mein Alter im Vorstellungsgespräch an – oder lieber gar nicht?
Ihr Alter muss kein Thema sein – aber wenn es zur Sprache kommt, nutzen Sie die Gelegenheit, um Ihre Erfahrung als Vorteil zu präsentieren. Zeigen Sie, dass Sie motiviert, flexibel und engagiert sind.
Weiterführende Links
Tagesschau:
Warum Ältere es am Arbeitsmarkt oft schwer haben: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitsmarkt/altersdiskriminierung-arbeitnehmer-jobs-ueber-50-100.html 
White Paper:
Expertise kennt kein Alter: Was bringen Senior-Fachkräfte mit und was hält sie im Job?
White Paper:
Expertise kennt ein Alter: Wie Unternehmen auf ältere Menschen am Arbeitsmarkt blicken.
Wer will im Rentenalter arbeiten?
Institut der deutschen Wirtschaft (IW) 
Bereiten Sie sich erfolgreich auf Ihre Bewerbung vor:
https://www.hays.de/personaldienstleister/karrierecenter/karriereservices
So schreiben Sie eine gute Bewerbung:
https://www.hays.de/personaldienstleister/karrierecenter/bewerbung
Überzeugen Sie im Vorstellungsgespräch:
hays-interview-guide.pdf

